Navaratri
ist eines der größten und wichtigsten Feste für gläubige Hindus.
Es ist Durga, der göttlichen Mutter und ihren verschiedenen
Erscheinungsformen gewidmet. In den ersten drei Nächten wird Durga,
der zerstörende Aspekt
der
Mutter, verehrt. In den folgenden drei Nächten wird der
schöpferische Aspekt, Lakshmi,
gefeiert. Und in den darauffolgenden Nächten wird
Saraswati angebetet.
Der zehnte Tag ist der Tag des Sieges (Vijaya
Dashami).
Offiziell
ist der zehnte Tag jedoch kein Teil von Navratri sondern ein
eigenständiges Fest, denn Navratri bedeutet übersetzt neun Nächte.
Dieses
Jahr fand Navratri von Donnerstag dem 21. September bis Freitag dem
29. September statt.
Insgesamt
ist es sehr schwer ein einheitliches Bild über Navratri zu zeichnen,
da es in unterschiedlichen Teilen Indiens auch sehr unterschiedliche
gennnant bzw. zelibriert wird und teilweise auch anderen Göttern
gewidmet ist.
Hier
in Ahmedabad ist Navratri ein sehr beliebtes Fest, gerade bei jungen
Menschen. Für viele ist der religiöse Aspekt inzwischen in den
Hintergrund getreten. Wichtiger ist hier die Möglichkeit neun Nächte
lang den traditionellen Garba Tanz tanzen zu können.
Garba
Garba
ist der traditionelle Tanz der während Navratri getanzt wird. Es ist
ein Gruppentanz, der traditionell im Kreis getanzt wird und an
Geschwindigkeit zunimmt. Hierbei wird eigentlich nur ein Grundschritt
getanzt, der sogar relativ einfach ist. Es gibt jedoch auch
Variationen. Jede Universität zum Beispiel hat ihren eigenen
Schritt. Auch wechseln diese Schritte jedes Jahr und es gibt
Tanzschulen, die einem jedes Jahr die neusten angesagten Schritte
zeigen.
Mein
erste Garba-Erfahrung durfte ich direkt am ersten Abend von Navratri,
donnerstags nach dem Hindiunterricht, sammeln.
Ich
war fast am CEE angekommen, als mich die Bewohner einer kleinen eher
ärmlichen Häuseransammlung in unserer Nachbarschaft einluden bzw.
drängten, ein paar Runden mitzutanzen. So durfte ich also unpassend
gekleidet und mit meinem Rucksack einige Runden Garba tanzen. Am Ende
tanzte ich eine halbe Stunde, war komplett durchgeschwitzt und konnte
mich endlich loseisen und ins Bett fallen.
Die
Universitäten
Wie
der Name des Festes schon sagt, findet es vor allem in der Nacht
statt. Navratri-Schauplätze, die in der ganzen Stadt verteilt, sind
öffnen meistens nicht vor 8 oder 9 Uhr am Abend. An der CEPT
Universität, in der wir Navratri zelebrierten, geht der erste Block
bis 12 Uhr nachts und später nochmal von halb 2 bis 5 Uhr am Morgen.
9 Tage lang. Jede Nacht. Immer voll besucht.
Generell
sind die Universitäten hier während Navratri ein wahrer Hotspot.
Jede Universität veranstaltet ihr eigenes Fest. Es gibt jedoch auch
öffentliche, staatlich organisierte Navratri-Plätze oder von der
Nachbarschaft organisierte Veranstaltungen. Im Rahmen unserer Arbeit
konnten wir einige der Universitäten besuchen.
Unsere
Aufgabe während Navratri war es, an einem Stand unserer Kampagne zu
stehen, die Leute zu informieren, Bilder zu machen, Unterschriften zu
sammeln und generell auf das Müllproblem aufmerksam zu machen. Für
die, die wissen wollen, was ich eigentlich hier arbeite: Generell
würde ich gerne erst einen Bericht über meine Arbeit schreiben,
wenn ich selber das Gefühl habe, einen angemessenen Überblick
erlangt zu haben.
Zuerst
arbeiteten wir am H.L. College of Commerce. Dieses College
veranstaltet an nur 2 Tagen ein Navratri-Fest, dieses ist jedoch sehr
groß aufgezogen. Es gibt große Spender, Tickets, Kooperationen,
eine riesige Tanzfläche und Tribünen für die Ehrengäste.
Dort
arbeiteten wir Samstag- und Sonntagabend und sammelten viele
Unterschriften. Insgesamt war es sehr eindrucksvoll, aber gerade im
Nachhinein nicht meine Lieblingsveranstaltung. Hier wurde nicht im
traditionellen Kreis getanzt, sondern jeder tanzte für sich oder in
seiner kleinen Gruppe.
Sehr
viel besser gefiel mir das National Institut of Design, dessen
Tanzfläche auf einer kleinen Lichtung war. Der Weg dorthin war mit
Kunstinstallationen und Lichtern geschmückt. Leider war ich dort nur
zum Aufbau und nicht während des Tanzes.
Zu
guter Letzt arbeiteten wir Dienstag und Freitag in der CEPT
Universität. Diese in Indien sehr bekannte Universität hat ihren
Fokus auf Architektur und Design gelegt. Entsprechend hübsch ist der
Campus gestaltet.
Die
CEPT-Navratri-Veranstaltungen sind sehr begehrt. Es ist nicht
möglich, Tickets zu kaufen. Nur Studenten, Lehrkräfte und Ehemalige
können sich einem Eintritt verschaffen. An je einem der Abende darf
jedes Mitglied einer ausgewählten Fakultät 2 Gäste mitbringen.
Also an einem Abend dürfen alle Architekturstudenten 2 Gäste
mitbringen. An einem der anderen Abende sind dann Designstudenten
oder Managementstudenten an der Reihe.
Zusammen
mit dem Hindikurs
Eigentlich
war mein Plan für den Donnerstagabend, nach Hindi möglichst früh
schlafen zu gehen um für die Arbeit am Freitagabend möglichst wach
zu sein. Daraus wurde jedoch nichts.
Trevor,
unser Hindilehrer, wollte mit Freunden in dieser Nacht in die
CEPT-Universität und da wir weitere Leute kennen, die dort arbeiten
und studieren, hatten wir die Möglichkeit mitzukommen. Anstatt also
um elf zu schlafen, standen wir um elf mit Vanda aus Mosambik vor dem
CEPT-Tor und warteten auf Einlass. Nach einigem Warten und
Rumtelefonieren waren wir drinnen und trafen die anderen.
Die
anderen waren Trevor und einige Schüler aus unserem und seinem
anderen Kurs. Darunter auch wieder Jenny aus Taiwan mit ihrem Mann
und vielen Freunden, Wilfried aus Kamerun, Aubinch aus Frankreich und
Joanna aus Deutschland.
Wir
aßen gemeinsam, redeten viel und dann zeigte Trevor uns die
CEPT-Schritte die wir wenig später auf der Tanzfläche jedoch schon
fast wieder vergessen hatten.
Wir
reihten uns auf der Tanzfläche ein und versuchten den Schritten zu
folgen, die Trevor uns vortanzte. Nachdem wir eine Runde
unkoordiniert durch die Gegend gestolpert waren, wurden wir nach und
nach besser. Ich wusste nun, wo die Drehungen kommen mussten und wenn
ich im Kopf mitzählte kam ich in 9 von 10 Fällen richtig aus. In
der Zwischenzeit hatte das Tempo jedoch auch angezogen. Zunächst
erleichterte es das Tanzen, da die Schritte mit einem schnelleren
Tempo natürlicher wirken. Auch als der Tanz beinahe sein höchstes
Tempo erreicht hatte, konnte ich noch mittanzen und es packt einen
eine seltsame Euphorie, es soweit geschafft zu haben.
Leider
kam es wie es kommen musste. Ich vertanzte mich. Nicht stark, nichts
gravierendes nur ein Fuß falsch gesetzt. Aber aufgrund des hohen
Tempos war es nicht mehr möglich neu einzusteigen also wartete ich
den Rest des Tanzes draußen ab. Ich bin aber der Meinung, es für
meinen ersten richtigen Garba-Tanz ganz gut hinbekommen zu haben.
Es
war nun schon kurz vor eins am Morgen und die Pause sollte bis
mindestens zwei Uhr gehen. Wir setzen uns mit den verbliebenen aus
unserem Hindikurs zusammen und quatschten noch eine Runde über alles
mögliche.
Wir
redeten über die Rechte von Homosexuellen in Deutschland, Indien und
Mosambik. Vor allem Trevor war überrascht über die späte
Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe in Deutschland. Er
sagte, dass er immer der Meinung war Deutschland, sei ein liberales
Land.
In
Indien selber ist das Thema Homosexualität stark tabuisiert.
Offiziell ist Homosexualität weiterhin eine Straftat in Indien, auch
wenn es wohl gar nicht mehr oder kaum noch zu Verurteilungen kommt.
In den größeren Städten Indiens wie Delhi, Mumbai und Hyderabad
entstehen inzwischen allerdings auch LGBT-Communities und auch in
Ahmedabad soll es ein kleines, sehr eng vernetztes Schwulennetzwerk
geben. Auch stimmte die indische Regierung im Rahmen der UN meist für
die Rechte für Homosexuellen. Es scheint ein wenig wie das
Kastenproblem zu sein. International positioniert man sich gegen
Diskriminierung aber im eigenen Land scheut man sich davor,
effiziente Maßnahmen zur Gleichberechtigung zu beschließen.
Wir
redeten jedoch auch über die Pläne von Trevor, Europa zu besuchen
und seine Pläne, sich eine neue Wohnung zu suchen.
Als
wir das Gelände verließen, war es fast 2 Uhr und aufgrund der hohen
Nachfragen waren alle Rikschas unglaublich teuer. Aufgrund dessen bot
Trevor uns an mit, auf seinem Motorrad zu fahren. So düsten wir
wenig später zu dritt auf dem Motorrad durch die Nacht und
erreichten schnell und sicher das CEE wo wir uns von Trevor
verabschiedeten und in Richtung unsere Zimmer und Betten wankten.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen