Holi - Eine kunterbunte Welt




Aus aktuellem Anlass schreibe ich heute einmal über Holi. Holi ist wohl mit das bekannteste Fest, das der indische Subkontinent zu bieten hat und zugleich das farbenfroheste. Überall auf der Welt gibt es Ableger dieses Festes, auch wenn die Authentizität stark variiert. Holi lag dieses Jahr am zweiten März bzw. begann am Abend des ersten März.

Mythologie

Es gibt auch hier mal wieder verschiedene Geschichten zu der Entstehung zu Holi; ich werde einmal auf die Schnelle diejenige zusammenfassen, die ich hier in Gujarat gehört habe.

König Hiranyakashipu hatte fünf Fähigkeiten. Er konnte weder von einem Menschen noch einem Tier, weder bei Tag noch bei Nacht, weder in einem Gebäude noch außerhalb eines Gebäudes, weder auf der Erde noch in Wasser und weder von Projektilwaffen noch von Waffen, die in der Hand gehalten werden, getötet werden.
Aufgrund dessen wurde er übermütig und wollte selber als Gott verehrt werden, doch ausgerechnet sein Sohn Prahlada betete weiterhin nur Vishnu und nicht ihn an. Daraufhin entschloss er sich seinen Sohn umzubringen, was aber aufgrund des einschreitenden Vishnus mehrmals scheitert.
Schließlich entscheidet sich Hiranyakashipu zu  einem Trick und Prahlad wird von seiner Tante Holi, die einen Umhang trägt, der sie immun gegenüber Verletzungen von Feuer macht, zum Gebet gelockt. Daraufhin bricht ein Feuer auf, dass Prahlada töten soll. Der Plan geht jedoch nicht auf, da der Mantel zu Prahlada geflogen kommt, er das Feuer überlebt und seine Tante zu einem Haufen Asche verbrennt.
Aufgrund dessen wird am Vorabend von Holi, dieses Jahr also am ersten März, ein Feuer gemacht, um der Verbrennung von Holi zu gedenken und den Sieg des Guten über das Böse zu feiern.

Im weiteren Verlauf de Geschichte erscheint Vishnu in der Form Narashimas auf der Erde. Narashima ist eine Mischung aus Löwe und Mensch. Er erscheint in der Morgendämmerung (also weder am Tag noch in der Nacht), nimmt Hiranyakashipu auf seinen Schoß (er ist also weder auf der Erde noch im Wasser), er bringt ihn zur Türschwelle (also ist er weder im Haus noch außerhalb eines Hauses) und tötet ihn mit seinen Löwenkrallen, die weder eine Waffe sind, die mit der Hand gehalten werden müssen, noch eine, die ein Projektil abfeuert.

Wieder einmal hat das Gute über das Böse gesiegt und es gibt einen Grund zu feiern.
Mit dem Sieg des Guten geht gleichzeitig ein Neuanfang einher, der symbolisch durch das Aufblühen der Natur im Frühling zu erkennen ist (in Gujarat würde ich es eher weniger ein Aufblühen der Natur nennen, eher ein Anstieg der Temperatur auf 38 Grad und das ist erst der Anfang des Frühlings). Zu diesem Termin ist es auch Zeit für einen persönlichen Neustart; so soll man in dieser Zeit alte Streitigkeiten begraben.

Wissenschaft und so...

Es gibt jedoch auch einen wissenschaftlichen Grund für Holi und das Bewerfen mit Farben.
Durch den Wechsel der Jahreszeit gilt die Zeit um Holi als eine sehr infektiöse Zeit, in der viele Krankheiten ausbrechen und übertragen werden. Für die Herstellung der Farben wurden eigentlich immer Kräuter, Wurzeln und Blüten genommen, die teilweise auch in der ayurvedischen Medizin Anwendung finden (so wie Kurkuma, das eine sehr starke gelbe Farbe gibt). Daher half das Bewerfen und Einschmieren mit diesen Farben, Krankheiten abzuwehren und vorzubeugen. Durch den vermehrten Einsatz von synthetischen, chemischen Farben hat sich dieser Effekt jedoch leider aufgelöst und sich teilweise sogar umgekehrt

Safe Holi Campaign

In der letzten Woche, waren Lisa und ich Teil der Safe Holi Campaign des Centre for Environment Education.
Wir waren in Schulen und Universitäten unterwegs um über die schädlichen Effekt von Holi zu reden und um natürlich Farben zu verkaufen und zu zeigen, wie man selber natürliche Farben herstellen kann.

Es gibt verschiedene Probleme, die Holi mit sich bringt.
Zunächst einmal wird sehr gerne laut Musik gehört, was gerade sensible Tiere wie Hunde oder Pferde verschreckt und eine extreme Belastung darstellt.
Zweitens wird sehr viel Wasser verwendet, um sich gegenseitig nass zu machen und abzukühlen. Das ist in manchen Regionen kein Problem, Gujarat jedoch leidet unter massiver Wasserknappheit und die beiden Hauptflüsse Sabermati und Narmada führen immer weniger Wasser. Aufgrund dessen bitten wir die Bewohner Ahmedabads, während Holi so wenigWasser wie möglich zu nutzen.

Hierzu ein kleiner Einschub: Die Woche vom 19. Feburar bis zum 24. Februar war unser Zwischenseminar hier in Gujarat, das wir direkt am Fluss Narmada hatten. Ich war dort auch schwimmen, glücklicherweise ohne einem der Alligatoren im Fluss zu begegnen. 
An einem Tag besuchten wie außerdem den Sardar-Sarovar-Staudamm (am Fluss Narmada).
Der Stausee, fotografiert von einem kleineren Damm
Dieser bildet den Narmada-Stausee, der als Wasserreservoir für Gujarat dient. Schwachsinnigerweise wird damit auch der Fluss Sabermati in Ahmedabad gefüllt. Dazu muss angemerkt werden, dass der Fluss in Ahmedabad kein fließender Fluss ist, sondern eher eine große Badewanne, da er an beiden Enden geschlossen wurde und daher das Wasser auch nicht fließt, sondern nur steht. Zuvor war es ein fließender Fluss, der in der Trockenzeit ein Sandbecken bildete, das quasi Teil der Stadt wurde. Vor allem viele Migranten wohnten in der Trockenzeit im Flussbett. Mit dem Plan, aus einem natürlichen Fluss eine riesige Badewanne zu machen, mussten diese Menschen weichen und wurden teilweise nach Pirana umgesiedelt. Pirana ist die riesige Müllhalde in Ahmedabad, auf der der ganze Müll der Stadt angesammelt wird.
Dafür hat man jetzt stehendes, vor sich hin faulendes Wasser in der Stadt, das immer mal wieder ausgetauscht werden muss. Die Uferregion wurde neu gemacht und es entstand die Riverfront. Ein Idyll aus kilometerlangem Beton und ein paar Bäumen die vielleicht in 15 Jahren genug Schatten spenden um die Riverfront mehr als nur einen Monat im Jahr nutzbar zu machen. Die Sonne wird momentan durch die Betonwände nur reflektiert was die sowieso schon hohe Temperaturen nur verstärkt.
Mir ist bisher noch kein Mensch in Ahmedabad begegnet, der die Riverfront als wirklich schönes und gelungenes Bauprojekt sieht.
Natürlich wird das Wasser des Narmada Staudammes auch nach Kutch geleitet wo die Menschen sonst nicht überleben könnten; gleichzeitig leiden nun aber auch die Menschen am Narmada unter Wasserknappheit und der Rückfluss des Meeres in den Fluss ist von ca. 6km auf 30km gestiegen, womit das Land drumherum für die Landwirtschaft unnutzbar wird.

Zurück zu Holi: Ein weiteres Problem dabei sind die zahlreichen Feuer, die abends angezündet werden. Durch sie gelangt viel Kohlenstoffdioxid und Feinstaub in die Luft und verschlimmert die Luftqualität. Außerdem werden in den Monaten zuvor auch junge Bäume abgeschnitten und getrocknet, um sie am Ende zu verbrennen, was dem sowieso schon schwachen Baumwuchs in Ahmedabad und Gujarat nicht gerade zuträglich ist. Wir vom CEE bitten in unseren Vorträgen darum, die Feuer nur mit abgestorbene Bäumen zu machen und wenn möglich darauf zu verzichten. Außerdem bitten wir darum, eher ein Nachbarschaftsfeuer zu organisieren anstatt vieler einzelner Feuer.

Unser Hauptaugenmerk lag jedoch auf der Verwendung von Farben während Holi. Die Problematik hierbei ist, dass aus ästhetischen und ökonomischen Gründen sehr sehr viele chemische Farben verwendet werden. Hier eine kleine Übersicht was da so drinnen ist.

Schwarz: Blei-Oxide
Wirkung : Nierenproblemen, Hautirritation, Schaden am zentralen Nervensystem

Grün: Kupfersulfat
Wirkung : zeitweise Erblindung, Hautausschlag, Allergien

Silber: Aluminiumbromid
Wirkung : stark krebserregend

Lila: Chrom(III)-Iodid
Wirkung : Asthma, Dermatitis, Hautallergien

Rot: Quecksilbersulfide
Wirkung: Hautkrebs, Minamata-Krankheit (chronische Vergiftung durch organische Quecksilber-Verbindungen die zu Kopfschmerzen, Gliederlähmung, Psychosen, Koma und dem Tod führen kann)


Hierbei handelt es sich jetzt nur um eine Auswahl an Stoffen, die in Farben gefunden werden können und natürlich enthalten nicht alle Farben, die es hier auf der Straße zu kaufen gibt, zwangsweise diese Chemikalien. Ich würde jedoch allen, die in Indien Holi feiern wollen dazu raten, sich vorher schlau zu machen, wo man feiert und sicher zu gehen, dass man selber und die Leute mit denen man feiert, natürliche oder wenigstens weniger schädliche Farben verwenden.





Neben dem eigenen Wohlbefinden schaden diese Farben auch massiv der Natur, sie gelangen ins Grundwasser, auf Tiere, in den Mund von Tieren, auf Pflanzen und überall wo solche Chemikalien eigentlich nichts zu suchen haben.

Insgesamt sind die chemischen Farben sehr viel billiger, leuchtender und bleiben länger auf der Haut und in den Haaren (längere Duschzeit = mehr Wasserverbrauch), was sie für manche begehrenswert macht. Mir persönlich gefallen die natürlichen Farben auch optisch besser, da sie etwas zurückhaltender und nicht ganz so knallig sind, aber das ist ja eher mein persönlicher Geschmack.

Diese Kampagne insgesamt hat mir viel Spaß gemacht, da wir unterschiedliche Schulen und Colleges besucht haben. Hierbei ist mir etwas aufgefallen, was ich auch schon vorher in Gesprächen mit Studenten oder Freunden gehört habe: Das Bildungssystem (ich weiß nicht ob man hier jetzt generalisierend von einem angelsächsisch geprägten Schulsystem reden kann, aber es erinnert mich sehr an das, was man so aus Großbritannien oder auch den USA hört) ist hier sehr elitär. Es gibt staatliche Schulen und Colleges die auch teilweise einen ganz guten Ruf haben. Die meisten renommierten Universitäten sind jedoch privat, haben hohe Studiengebühren und gelten als Kaderschmieden. Das ganze beginnt auch schon sehr früh. Im November hatten wir eine Gruppe Kindergartenkinder für eine Naturerkundungsstunde beim CEE und uns wurde erzählt, es handele sich hierbei um einen der besten und renommiertesten Kindergärten von Ahmedabad.
Diese Struktur zeigt sich auch an den Schulgebäuden. Ich kann natürlich keine Aussage über die Lehre machen, man sieht jedoch, dass einige Schulen und Colleges eine sehr moderne Einrichtung haben, viel Kunst ausstellen und Kooperationen mit anderen internationalen Hochschulen haben. Bei anderen Schulgebäuden hingegen sieht man, dass es an Geld zu fehlen scheint. Hierbei handelt es sich dann meistens um die staatlichen Einrichtungen.

Holi

Trotzalledem traf ich mich mit ein paar Freunden am Freitag im CEE und wir feierten Holi zusammen. Natürlich mit natürlichen Farben, und tatsächlich reichte einmal duschen um den Großteil der Farbe abzuwaschen.
Hier ein paar Bilder.









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